XIII Europäisches Forum zum Schulischen Religionsunterricht
«Lernen und leben in Frieden – Christentum und Laizität, eine interkulturelle Herausforderung »:
so der anspruchsvolle Themenkreis, der auf dem XIII. Europäischen Forum zum schulischen Religionsunterricht erörtert wurde. Das EuFRES (European Forum for Religious Education in Schools – www.eufres.org) ist ein aus Religionslehrern und Verantwortlichen für den Religionsunterricht aus ganz Europa bestehendes Organ, das sich alle zwei Jahre trifft, um aktuelle Fragestellungen und Problematiken zu diskutieren, die in den verschiedenen europäischen Ländern zum RU auftreten. Neben den einzelnen Argumenten, die immer auf dem Hintergrund von stimulierenden und präzisen Vorträgen behandelt werden, ist es vor allem das internationale Klima, das bei diesen Treffen herrscht, das den Gedanken- und Erfahrungsaustausch unter den Teilnehmern so überaus wertvoll macht. Die XIII. Tagung des Forums fand vom 26. bis 30. März 2008 in Esztergom (Ungarn) statt, das, etwa 50 km im Norden von Budapest entfernt an einer Donauschleife gelegen, die erste Hauptstadt des magyarischen Reichs war und zu den historischen Bischofssitzen Mitteleuropas zählt. Die Teilnehmer repräsentierten sowohl den Westen Europas (Spanien, Belgien, Deutschland, Österreich, Italien) als auch seinen Osten (Kroatien, Tschechische Republik, Ungarn, Slowakei, Litauen), wodurch eine fruchtbare Auseinandersetzung zwischen doch sehr verschiedenen kulturellen, historischen und legistischen Situationen möglich wurde.
Die bereits zur Tradition gewordene Einladung an Vertreter von ICCS (International Commission for Church and Schools – www.iccs.org) wurde diesmal von Prof. Lajos Szabo von der Evangelischen Fakultät der Universität von Budapest wahrgenommen. In seinem Statement wies er auf die ähnlichen Probleme des evangelischen Religionsunterrichtes sowohl in Ungarn als auch in Europa
hin. Diese in gemeinsamer Arbeit zu diskutieren und Lösungsansätze zu versuchen, wird auch durch die Mitgliedschaft von EuFRES bei CoGREE (Coordinating Group for Religious Education in Europe – www.cogree.com ) bestätigt.
Luca Diotallevi von der Universität «Roma Tre» eröffnete die Arbeiten der Tagung mit einem Vortrag zum Thema „Laizität: Krise einer Herrschaft und Widerstand einer Kultur“. Der Soziologe stellte das paradoxale und in Europa gut feststellbare Phänomen heraus, das von einer institutionellen Krise des Regimes der laïcité „alla francese“ (das die Präsenz der Religionen im öffentlichen Raum auslöschen möchte) gekennzeichnet ist, die aber von mühevoller, ideologischer Verteidigung der ihr zugrunde liegenden Kultur begleitet wird. Das Einsetzen für einen konfessionellen Unterricht in religiöser Kultur (also keine Katechese, aber dennoch ein konfessioneller Unterricht) erscheint dann als nicht fern liegende Hypothese, wenn das Modell der laïcité als nur eines, und vielleicht
noch nicht einmal das effizienteste der möglichen Modelle erkannt wird, in Hinsicht auf ein Zusammenleben, in dem wirklich die spezifischen Unterschiede anerkannt und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen, religiösen Subjekten gefördert wird.
Anschließend kam Santiago del Cura, Rektor der Universität Burgos (Spanien), zu Wort und hielt einen Vortrag über „Religionsfreiheit als Grundlage für eine gesunde Laizität“. Der Theologe rekonstruierte die Geschichte der Begriffe Religionsfreiheit und Laizität in lehramtlichen Dokumenten, wobei er die von Dignitatis humanae eingeführten Innovationen mit der früheren Lehre verglich. Dabei ergab sich ein interessantes Bild der Diskontinuität in der Kontinuität, das Anlass für eine fruchtbare Diskussion um die konkreten Möglichkeiten der Verwirklichung dieser konziliaren
Indikationen wurde.
„Christlicher Religionsunterricht und die anderen“ lautete der vom Wiener Religionspädagogen und Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, Martin Jäggle, gewählte Titel, um seine ausführlichen Ausführungen über die Rolle des Religionsunterrichts im Hinblick auf eine wirksame, interkulturelle Erziehung darzustellen. Von der Feststellung ausgehend,
dass die „Anderen“ schon auf unverkennbare Art und Weise, sowohl in der Gesellschaft als auch in der einzelnen Klasse präsent sind, diese Tatsache aber häufig keine entsprechende Beachtung findet, schlug der Pädagoge acht Punkte für eine korrekte Entwicklung der Interreligiosität vor. Diese sind in der multikulturellen und –religiösen Stadt Wien seit Jahren bereits in Erprobung.
Der Jesuit Felix Körner, seit Jahren schon Dozent für Exegese des Korans an der staatlichen Universität von Ankara (Türkei), für das nächste Akademische Jahr an die Pontificia Università Gregoriana in Rom berufen, sprach vor den Anwesenden über seine persönliche Erfahrung im Dialog mit der islamischen Welt („Provoziert und herausgefordert durch das christliche Zeugnis. Muslime
beten – Die Kirche betet“). Von der muslimischen Frömmigkeit ausgehend, fasste Pater Körner in drei Prinzipien das zusammen, was das Christentum vom Islam unterscheidet: «Wir haben eine Bestimmung, die zu erfüllen wir zu schwach sind» (oder: es wird uns nie gelingen, das vollkommen zu erfüllen, was Gott von uns fordert, im Gegensatz zur muslimischen Observanz), «Gott riskiert seine
Gottheit in der Geschichte» (in der Inkarnation), «Im andern kommst du zu dir» (Du gelangst nur in der Begegnung mit dem Andern zur Wahrheit über dich selbst, denn der Mensch ist das Abbild eines Gottes, der Beziehung ist).
Die lebhafte und konstruktive Debatte, die eigentümlicherweise durch das ständige Hin- und Herübersetzen zwischen den verschiedenen europäischen Sprachen, um es allen zu ermöglichen, dem Gesprächs zu folgen, nicht ermüdete, sondern bereichert wurde, war ein wahres Beispiel für das freudige und kollaborative Zusammenleben in einem, immer mehr multikulturellen und multireligiösen Europa. Die Erfahrung des einen, gemeinsamen Glaubens und die gegenseitige Bestätigung im Engagement für die Weitergabe dieses Glaubens und der christlichen Kultur an die nächste Generationen, hat die Teilnehmer eng vereint, durch das gegenseitige Kennenlernen sind neue Freundschaften entstanden und alle fühlten sich, trotz aller Schwierigkeit, aufgefordert, mit neuer Zuversicht in die Zukunft zu blicken.