XIV. Europäisches Forum zum Schulischen Religionsunterricht
7.- 11. April 2010, Rom
Bildung und Erziehung zu einer “Kultur der Liebe“: so der anspruchsvolle Themenkreis, der auf dem XIV. Europäischen Forum zum schulischen Religionsunterricht erörtert wurde. Das EuFRES (European Forum for Religious Education in Schools – www.eufres.org) ist ein aus Religionslehrern und Verantwortlichen für den Religionsunterricht aus ganz Europa bestehendes Organ, das sich alle zwei Jahre trifft, um aktuelle Fragestellungen und Problematiken zu diskutieren, die in den verschiedenen europäischen Ländern zum RU auftreten. Neben den einzelnen Argumenten, die immer auf dem Hintergrund von stimulierenden und präzisen Vorträgen behandelt werden, ist es vor allem das internationale Klima, das bei diesen Treffen herrscht, das den Gedanken- und Erfahrungsaustausch unter den Teilnehmern so überaus wertvoll macht. Die XIV. Tagung des Forums fand vom 7. bis 11. April 2010 in Rom statt. Die Teilnehmer repräsentierten sowohl den Westen Europas (Spanien, Deutschland, Belgien, Niederlande, Österreich, Italien) als auch seinen Osten (Kroatien, Tschechische Republik, Polen, Lettland, Litauen), wodurch eine fruchtbare Auseinandersetzung zwischen doch sehr verschiedenen kulturellen, historischen und rechtlichen Situationen möglich wurde.
Das Thema hat die Situation der Wirtschafts- und Finanzkrise angesprochen, die im Jahr 2008 über uns hereingebrochen ist und die ihre Ursache – wie viele Leute sagen – in einer tiefgehenden Krise der ethischen Grundwerte hat. Damit verbunden hat Benedikt XVI. den “Bildungs- und Erziehungsnotstand” angesprochen. Um aus dieser Lage herauszufinden und einer Wiederholung vorzubeugen, haben die Erwachsenen die große Verantwortung, die nachwachsende Generation zu be-ständigen und vertrauenswürdigen Werten zu erziehen.
Die bereits zur Tradition gewordene Einladung an Vertreter von CoGREE (Coordinating Group for Religion in Education in Europe – www.cogree.com) wurde diesmal von Swier Frouws, dem Generalsekretär von CoGREE wahrgenommen. In seinem Statement wies er auf die gemeinsame Wahrnehmung der Vertretung des Religionsunterrichtes in den Gremien der Europäischen Union hin. Diese in ökumenischer Verbundenheit zu diskutieren und Lösungsansätze zu versuchen, wird auch durch die Mitgliedschaft von EuFRES bei CoGREE bestätigt. Eine gemeinsame Erklärung zum Religionsunterricht wurde präsentiert.
Bei der Eröffnung wies Kardinal Zenon Grocholewsky, der Präfekt der Bildungskongregation, insbesondere darauf hin, dass weltweit immer mehr die grundlegenden Rechte auf Religionsfreiheit und das Vorrecht der Eltern auf die Erziehung ihrer Kinder beachtet werden. Damit sei grundsätzlich die Möglichkeit der religiösen Unterweisung zunehmend gesichert.
Anschließend kam Alberto Campoleoni, Rom, zu Wort und präsentierte die von der Italienischen Bischofskonferenz angeregte Studie zum „Religionsunterricht – eine Ressource für Europa“, in der die Situation des katholischen Religionsunterrichtes in den europäischen Ländern dargestellt wurde.
Den soziologischen Befund über die Lage und Interessenssituation der Jugendlichen in Europa präsentierte mit „Neue Generationen und Erziehungseinrichtungen im Europa der >Verwirrun-gen<“, Pedro González Blasco, Professor für Soziologie, Madrid. Darauf aufbauend skizzierte Prof. Mons. Gaetano de Simone aus Rom in seinem Referat „Für eine >Kultur der Liebe< – Das Angebot der Katholischen Soziallehre für heute“ ausgehend von den Aussagen der kirchlichen Soziallehre der Kirche, insbesondere aus der aktuellen Sozialenzyklika >Caritas in Veritate< von Papst Benedikt XVI, Ansätze für eine Kultur der Liebe.
In ihrem Vortrag „Was junge Menschen heute brauchen, um die Zukunft bestehen zu können: Erwachsene die mit und von ihnen lernen, wie man in einer globalen Welt gemeinsam leben kann“ stellte Regina Polak, vom Institut für Praktische Theologie der Universität Wien, fest, dass Jugend-liche von einer dreifachen Sehnsucht geprägt seien: Sehnsucht nach Trans-Formation, einer Änderung der Institutionen, Sehnsucht nach Liebe und Gerechtigkeit und einer Sehnsucht nach einem weiteren Horizont. Diese Sehnsüchte wahrzunehmen, bedürfe es neuer Kompetenzen der ReligionspädagogInnen. Als wesentlichen Ansatz sah Polak die Vernetzung von Lerninstitutionen – Familie, Kirche, Schule – wie Glaube weitergegeben werden kann. Die Frage nach dem Glauben als Frage nach der gelebten und erfahrenen Religion müsse die Institutionen zusammenführen. So kann der Glaube die Gestaltung der gegenwärtigen Welt begleiten und unterstützen, aber auch herausfordern und ermutigen – zu Widerstand und neuen Visionen – als Erinnerung, Ermächtigung und Verheißung.
Statutengemäß wurde das Kuratorium für die Amtsperiode bis 2014 neu gewählt: Revilla Cunado Avelino aus Madrid wurde zum Präsidenten (2. Periode) gewählt, P. Gerd Birk aus München, Johann Hisch aus Wien, Filippo Morlacchi aus Rom und Ludmilla Muchova aus Budweis zu Mitgliedern des Kuratoriums. Deren Aufgabe wird es sein, das nächste Forum vom 11. bis 15. April 2012 in Madrid vorzubereiten.
Darüber hinaus informierten einige Teilnehmer in kurzen Statements über aktuelle Entwicklungen im Bildungssystem des eigenen Landes, die mit großem Interesse aufgenommen und diskutiert wurden.
Die lebhafte und konstruktive Debatte, die eigentümlicherweise durch das ständige Hin- und Herübersetzen zwischen den verschiedenen europäischen Sprachen, um es allen zu ermöglichen, dem Gesprächs zu folgen, nicht ermüdete, sondern bereichert wurde, war ein wahres Beispiel für das freundschaftliche und kooperative Zusammenleben in einem, immer mehr multikulturellen und multireligiösen Europa. Die Erfahrung des einen, gemeinsamen Glaubens und die gegenseitige Be-stätigung im Engagement für die Weitergabe dieses Glaubens und der christlichen Kultur an die nächste Generationen, hat die Teilnehmer eng vereint, durch das gegenseitige Kennenlernen sind neue Freundschaften entstanden und alle fühlten sich, trotz aller Schwierigkeit, aufgefordert, mit neuer Zuversicht in die Zukunft zu blicken.
Rom, 11. April 2010